Hallo ihr Lieben,
3 Wochen
sind seit meinem letzten Eintrag jetzt vergangen. 3 Wochen in denen auf den
ersten Blick eigentlich nicht viel Großartiges passiert ist. Genau aus diesem
Grund habe ich lange gewartet um doch etwas Anständiges in meinen Blog
schreiben zu können. Doch beim zusammentragen der Ereignisse fällt mir doch
auf, dass keine Woche vergeht ohne das man doch etwas wirklich Großartiges
erlebt hat.
Jetzt sind
wirklich wieder drei Wochen wie im Flug vergangen, in denen beim näheren Betrachten
echt viel passiert ist und diese drei Wochen gipfelten dann noch in einem
Großereignis was dumm wäre nicht zu erwähnen.
Also was ist
nun passiert?
Ich beginne
mal mit unseren geliebten Hühnern. Seit dem letzten Blogeintrag sind immer noch
die 6 übrigen verlieben. Es gab keine Toten! Mittlerweile gedeihen die Küken
echt prächtig und sind eigentlich nicht mehr als Küken zu bezeichnen. Die süßen
fluffigen Tierchen haben sich in riesige weiße aggressive Hennen verwandelt.
Jeden morgen müssen Judith und ich in den Stall um diese zu füttern. Wir haben
damit begonnen diese Fütterungen mit unseren Kameras zu filmen, weil Worte
nicht beschreiben können was in diesem Stall abgeht. Sobald wir die Stalltür
öffnen eskalieren die Hennen total und haben jetzt sogar begonnen über 40cm in
die Luft zu „fliegen“ und uns zu attackieren wenn wir versuchen die Feeder und
Drinker mit Essen und Flüssigkeiten zu füllen. Diese Attacken enden oft in
großer Schreierei von Judith aber meist von meinerseits. Gestern habe ich dann
fast das Handtuch geworfen und bin schreiend aus dem Stall gerannt. Diese Tiere
bringen mich manchmal echt zur Verzweiflung. Dennoch will ich die Zeit nicht
missen, denn diese Tiere haben Judith und mir schon eine unvergessliche Zeit
beschert.
Eigentlich
soll uns der Tierjunge Kosmas bei der Arbeit mit den Tieren helfen, sieht es
aber nicht ein und guckt lieber zu, lacht uns aus und bezeichnet uns als fett.
Dem müssen wir nochmal gehörig in den Arsch treten.
Im Allgemeinen
steht die Körperfülle aller Menschen hier total im Vordergrund. Man wird immer
mit anderen verglichen. Während sich unsere Köchin Mahde stets darüber freut
wenn sie meint zu sehen wir hätten ein Gramm zugelegt, wird uns von anderen
hier gelegentlich gesagt, wir wären wohlgenährt. Ich habe Judith schon
angekündigt, dass ich bald in den Hungerstreik treten werde wenn das so
weitergeht.
Das mit dem
Hungerstreik funktioniert nicht. Das habe ich sehr schnell gemerkt. Durch die
regelmäßigen Einladungen von Menschen aus der Gemeinde oder Freunde wie zum
Beispiel Michael Oguto oder Jared, wird man dann doch zum Essen gedrängt.
Die
Einladungen gestalten sich dann immer als ein lustiges Beisammensein mit der
ein oder anderen Soda und netten Geschichten, die man gegenseitig austauscht.
So erfährt man dann doch nochmal interessante Fakten über das eigene Gastland.
Vielleicht
erinnert sich der ein oder andere auch noch an den fetten Afrikaner den ich in
meinem letzten Blogeintrag erwähnt habe? Eines Morgens beim Frühstück grinste
uns dieser nämlich aus dem Fernseher an. Da hatten wir doch wohl ne richtige
Celebrity bei uns im Auto!!!
Neben der
Arbeit mit den Küken bin ich immer noch regelmäßig im Health Center arbeiten.
Durch die
Arbeit dort bekommt man unglaublich viel Kontakt zu den Menschen aus der
Gemeinde. So langsam gestaltet sich die Arbeit aber doch ein bisschen
einseitig, denn ich dokumentieren montags und donnerstags nur die Daten der
Babys und Schwangeren. So war ich echt glücklich darüber, als ich dienstags zum
ersten Mal mit HIV Patienten arbeiten durfte. Mir wurde von Rueben erklärt wie
man den Bluthochdruck misst während
David einen Vortrag für die HIV Patienten zur Aufklärung und Vorsorge
von AIDS hielt.
An einem Tag
hat das Health Center für mich auch einen Fluchtort geboten als ich vor den
Kindern im Kindergarten die Flucht ergriffen habe. Diese haben mich während
meinem Besuch dort derart zerkratzt und angefallen, dass ich das nach 10min
nicht mehr ausgehalten habe. Mittlerweile ist es aber besser geworden und komme
ohne Kratzer von meiner Arbeit aus dem Kindergarten zurück.
Wenn wir
dann mal nicht so viel zu tun haben ordern wir uns gelegentlich ein PikiPiki um
in die nächst größere Stadt, Siaya zu fahren.
Dort erlebt
man auch immer eigenartige Situationen oder Menschen. Ob das nun ein Mann ist
der einen mit einer Holzpistole verfolgt und droht einen zu erschießen oder eine
schwangere Frau die einen mitten auf der Straße anbrüllt, weil diese unfähig
ist zu sprechen und mit dieser Brüllerei erreichen will, dass man ihr Geld
gibt.
Auch die
Fahrten nach Siaya oder Kisumu mit einem Matatu oder PikiPiki sind immer sehr
erlebnisreich. Ob es nun an einem Nagel liegt, der aus dem Sitz ragt und einem
ständig in den Rücken piekt oder ob es die Straßen sind die durch den Regen
eigentlich nicht befahrbar sind aber man trotzdem versucht mit dem Motorrad
voran zu kommen.
Langweilig
wird es auf jeden Fall nie.
Es gibt dann
auch mal Tage an denen man sich nicht so wohl fühlt. An einem Tag ging es mir
richtig schlecht und ich bin zum ersten Mal als Patient ins Health Center. Dort
wurde dann direkt ein Bluttest gemacht um mich auf Malaria zu testen. Der Test
war negativ. Trotzdem wurde ich mit genau 69 Tabletten überhäuft, teilweise
auch gegen Malaria, die ich dann in den darauffolgenden drei Tagen schlucken
musste. Danach war ich dann aber auch wieder topfit und konnte meine Zeit
wieder richtig genießen.
Gott sei
Dank, denn den Sonntag darauf gab es eine riesige Harambee auf dem Parish
compound um für das Wasserprojekt zu spenden. Wir hatten total viele Visitors, die
wir dann zusammen mit Mahde bedient haben. Das hieß für uns tausend Teller
abtrocknen und hunderte von Sodaflaschen öffnen und wegbringen.
Einer der
Visitors war Moses, der gleich für eine ganze Woche geblieben ist. Mit Moses
sind wir dann an einem Tag zusammen zu einer Freundin, Celina, nach Kabura
marschiert. Dort haben wir dann einen Spaziergang zum River gemacht, der
einfach genau das Bild wiedergespiegelt hat, das ich von Afrika kenne. Es war
einfach das Afrika, welches man aus Dokumentationen und Filmen aus dem Fernseher
kennt.
Ich hab dann
zum ersten Mal eine Kokosnuss mit Hülle gesehen und wurde aus meiner Illusion
gerissen, dass im Inneren der Kokosnuss Milch sei.
Wir haben
dann die Kokosnuss gemeinsam verspeist und es war die beste Kokosnuss meines
Lebens. Zu meiner großen Freude durften wir dann noch eine mit nach Hause
nehmen.
Aber es ist
nicht alles so Friede, Freude, Eierkuchen wie es zunächst scheint. An einem Tag
habe ich von unserem Diakon erfahren, dass in der Nacht zwei Patienten im Health
Center gestorben sind.
Das hat mich
total umgehauen und habe doch beinahe das ein oder andere Tränchen verdrückt.
In den
letzten Tagen durften wir dann noch Stephen Obok kennenlernen. Der Tag mit ihm
war wirklich eine Bereicherung. Stephen ist ein ehemaliger Angestellter im
Health Center, der in den letzten Jahren viel zeit mit den anderen Freiwilligen
in Uradi verbracht hat. Er betreibt mittlerweile eine Apotheke in Uranga, dem
Nachbardorf, die er uns gezeigt hat. Bei einer Flasche Soda hat Stephen uns
dann wirklich interessante Fakten über das Thema HIV und Aids gegeben. Die
Zahlen von HIV infizierten Menschen in unserer Region war so erschreckend hoch,
dass ich wirklich erstmal schlucken musste.
Einige Tage
später nach unserem ersten Besuch, waren wir dann nochmal in Uranga um einen
Freund zu besuchen und wurden spontan auch von Stephen eingeladen kurz mal
vorbeizuschauen. Kurzerhand hat er uns dann seinen Bruder vorgestellt, der HIV
positiv ist, und wird durften ihm ein paar Fragen stellen. Für mich eine
komische Situation Patienten direkt auf ihre Krankheit anzusprechen. Stephen
hat uns dann versprochen in kommender Zeit gemeinsam in die Dörfer zu fahren um
kranke Menschen zu besuchen, die den Weg ins Krankenhaus nicht mehr schaffen.
Ich war hellauf begeistert und hoffe, dass wir so schnell wie möglich damit
loslegen.

Der Ausflug
mit Moses sollte aber nicht der letzte sein. George, der Schreiner, hat sich zu
unserem Fremdenführer ernannt und ist an zwei Tagen mit uns ein bisschen
herumgereist. Der erste Ausflug ging nach Kisumu um dort Jenny zu besuchen, die
auch mal als Freiwillige in Uradi tätig war. Wir haben dann dort gemeinsam
gefrühstückt und sind dann aufgebrochen um Kisumu zu erkunden. Wir waren dann
in einem riesigen Supermarkt, der so westlich war, dass man sich fast heimisch
gefühlt hat. Danach sind wir dann zu einer MiniMall, da ich mit Stoff für ein
afrikanisches Kleid gekauft habe um dieses auf der Hochzeit von Rueben, einem
Kollegen aus dem Health Center, zu tragen. 3 Tage später konnte ich das gute
Stück schon abholen und ich bin mehr als zufrieden.
Nach dem wir
alles in Kisumu erledigt haben sind wir mit George weiter nach St. Banabas. St.
Banabas ist eine Secondary School für Mädchen, auf die Georges Tochter geht. Am
besagten Tag war dort Visitors Day für die Eltern. Wir haben dann unsere
„Schwester“ kennengelernt und haben zusammen auf der Schulwiese gepicknickt.
George hat uns einige Tage später dann noch gesagt, wie sehr sich seine Tochter
über unseren Besuch gefreut hätte und das sie nicht damit gerechnet hat, dass
wir extra für sie nach St. Banabas kommen. Das hat Judith und mich total
gefreut und wir freuen uns schon richtig darauf, wenn die Schüler in Kenia
Ferien haben, weil wir dann die Gelegenheit haben nochmal ein bisschen zeit mit
Georges Tochter zu verbringen. Auch die Mädchen aus der Secondary School in der
wir unterrichten, haben uns für die Ferien zu sich nach Hause eingeladen und
haben uns versprochen Affen gucken zu gehen die in Mwer, ganz in der Nähe von
unserem Parish, leben.

Der zweite
Ausflug mit George ging dann zu Obamas Place. Dort wohnt die Großmutter von
Barack Obama. Sarah Obama ist in Kenia eine kleine Berühmtheit. Blöderweise
waren wir 2 Stunden zu früh, sodass es uns erst mal in ein Resort verschlagen
hat. Dort haben wir es uns dann mit der ein oder anderen Tasse Tee und Mandazi
gut gehen lassen.
Nach dem
guten Frühstück sind wir dann zurück und durften das Gelände betreten. Das
Gelände wird stets von Securitymännern überwacht.
Wir hatten
dann ein kurzes Gespräch mit Oma Obama, in Luo, sodass wir fast nichts
verstanden haben. Am selben Tag haben wir dann ein Bild mit Oma Obama auf Facebook
gepostet und viele kommentierten das Bild mit Fragen wie „Was habt ihr für
Fragen gestellt?“ und „Was hält sie von der weltpolitischen Situation?“. Uns
war ein bisschen peinlich zu zugegeben, dass wir keinerlei Fragen in diese
Richtung gestellt haben.
Wir haben
später dann noch die Gräber von Papa und Opa Obama angeschaut und sind dann
auch schon wieder gefahren. Während George zurück nach Uradi gefahren ist, sind
Judith und Ich weiter nach Kisumu und sind erst mal in den Green Garden gefahren
um dort eine Pizza zu essen. Ich bin vor Glück fast ausgeflippt.
Den Rest des
Tages haben wir dann in Kisumu verbracht und sind nachmittags zurück um vor der
Dunkelheit wieder auf dem Parish zu sein.
Mit einigen
Mädchen aus der Secondary School konnten Judith und Ich uns auch schon sehr gut
anfreunden und Judith und Ich lassen es nicht aus, regelmäßig nachts zu Form 4
zu schleichen, die auf dem Compound übernachten. Mit den Mädels haben wir auch
schon einige lustige Situationen erlebt.
An einem Abend haben Judith und Ich uns vor
die Schlafraumtür gesetzt während die Mädchen noch Unterricht hatten. Als diese
dann nur irgendwelche Menschen im Dunkeln vor ihrem Raum sitzen sehen haben,
sind diese erst mal schreiend ein paar Meter zurückgewichen bis wir uns mit
„Mzungo“ (=Weißer) zu erkennen gegeben haben. Ich hab gedacht, dass ich der
größte Schisser auf dem Parish Compound bin. Da hab ich mich wohl geirrt. Der Wahnsinn
wie schreckhaft die Mädchen hier sind. Im November werden die Mädchen den Compound
dann verlassen, weil sie die Schule dann abgeschlossen haben. Judith und Ich
sind schon ganz traurig, weil wir die Mädels echt ins Herz geschlossen haben.

Nachmittags
machen wir auch meistens bei den Aktivitäten der Secondary Mädchen mit. Ob das
beim Singen im Chor oder beim Fußball spielen auf dem schlimmsten Fußballplatz
auf dem ich je war ist. Während dem Fußball muss man stets darauf achten, dass
man nicht in Kuhscheiße tritt oder in Löcher fällt, die hier und da auf dem
Feld zu finden sind.
Der Ball
wird auch mal uninteressant wenn ein Truck mit Musik am Fußballfeld
vorbeifährt. Es wird dann einfach begonnen zu tanzen und das Spiel für einige
Minuten unterbrochen.
Und jetzt zu
dem Großereignis was ich am Anfang erwähnt habe.
Am Samstag
hatten wir hohen Besuch und zwar vom Archbishop. Dieser kam zu Besuch um die
Schülerinnen von Form 4 vor ihren wichtigen Abschlussexamen zu segnen.
Um es dem
Bischof schön zu machen, haben wir den Tag vorher gemeinsam mit den Mädels die
Klassenräume gefegt und gewischt und das Schulgelände gesäubert.
Wir haben
dann über 2 Stunden auf den Bischof warten müssen. Als er dann endlich ankam
hielt er eine Messe, die reichlich von Gesang und Tanz der Secondary Mädchen
unterbrochen wurde. Die hatten für diese Auftritte nämlich schon Wochen vorher
begonnen zu proben.
Die Messe
nahm dann aber ein jähes Ende, da es einen so unglaublich heftigen Regeneinbruch
gab, dass zwei der Festzelte umgeblasen wurden. Wir haben dann alle Schutz in
der Schule gesucht. So schnell der Regen kam, hörte er auch wieder auf. Daraufhin
habe ich dann gemeinsam mit einigen Schülerinnen beim Fotografen machen lassen
der vor Ort war.
So viel zeit
für Fotos hatten wir aber nicht, da wir gemeinsam mit dem Bischof essen
sollten.
Es gab ein
riesiges Buffet und sogar eine 4stöckige Torte.
Als wir dann
nach einem langen Tag zurück in unser Haus sind, haben wir etwas sehr blödes
festgestellt. Während wir den ganzen Tag nicht auf dem Compound waren, hat
irgendwer versucht bei uns einzubrechen. Gott sei Dank war er nicht erfolgreich,
sodass wir „nur“ drei kaputte Fenster haben, die aber jetzt ganz schnell
repariert werden sollen.
Wie man
sieht ist doch einiges passiert die letzten Wochen.
Ich hoffe
ich schaffe es jetzt mal regelmäßiger in meinen Blog zu schreiben. Die langen
Einträge möchte ich nämlich wirklich keinem mehr zumuten.