Hallo ihr
Lieben,
ich bin
jetzt schon 23 Tage hier in Kenia und es ist einfach unfassbar wie viel man
hier erlebt. Es geschieht einfach so viel, dass es unglaublich schwer ist Zeit
zu finden etwas in den Blog zu schreiben.
Durch all
die vielen Erlebnisse und Eindrücke ist es total schwer alles richtig zu
behalten. Manche Dinge sind einfach so unbeschreiblich, dass es unheimlich
schwierig ist diese in Worte zu verpacken.
Ich beginne
einfach mal mit der vorletzten Sonntagsmesse, die ist mir sehr im Gedächtnis
geblieben.
Das liegt
glaube ich vor allem daran, dass dies die längste Messe meines Lebens war.
An diesem
Sonntag war nämlich ein Chor aus Nairobi zu Besuch, der mit unserem Chor aus
Uradi eine Messe feiern wollte. Die Messe ging über 3 Stunden und hat mich
völlig fertig gemacht. Mit hunderten von Menschen in der Kirche war die Hitze
unerträglich. Außerdem sorgten die tanzenden Mädchen in den Gängen kurzzeitig
für einige Verwirrung meinerseits.
Ich muss
gestehen, dass mich die lockere Art der Menschen hier immer wieder begeistert.
Die Musik und der Tanz in der Kirche erinnern einen immer mehr an einen
Jahrmarkt als an eine Messe.
An dem Tag
war auch noch Father Steven zu Besuch, der einfach eine total coole Socke war.
Abends waren
wir dann bei Father Samuel eingeladen, einen Freund von unserem Father. Wir
sind extra sehr früh losgefahren, weil Samuels Parish am Viktoriasee liegt.
Die Fahrt
dorthin war einfach die lustigste Autofahrt meines Lebens. Sie begann damit,
dass Father Oscar eine deutsche CD mit ins Auto brachte. Deacon war gar nicht
davon begeistert und Father Steven war es egal, weil er nach 1min Fahrt sofort
an Judiths Schulter eingeschlafen ist.
Judith und
Ich haben die Musik auf unserem Rücksitz einfach nur gefeiert.
Doch wir
kamen nicht weit. Direkt in Uranga, 5min von unserem Parish entfernt wurden wir
von Menschen angehalten, die ein Stück mit uns fahren wollten.
Hier in
Kenia ist das natürlich kein Problem und ungefähr 20 Leute haben sich hinten
auf die Ladefläche unseres Pick Ups gequetscht.
Aber anstatt
sofort weiterzufahren blieben wir noch kurz stehen was laut Judith und mir ein
fataler Fehler war. Am Fenster stand ein Mitglied des Chors aus Nairobi und
wollte auch noch mitgenommen werden. Das wäre eigentlich kein Ding gewesen aber
der Mann war fett.
Ungefähr
200kg quetschten sich also nun nach vorne auf den Beifahrersitz zusammen mit
Deacon. Das folgende Problem war nun das
man die Tür nicht mehr schließen konnte. Auf dem Rücksitz wurden Judith und Ich
von unterdrücktem Lachen geschüttelt. Der Mann aus Nairobi rüttelte gefühlte
5min an der Tür bis er es aufgab die Tür zu schließen. Also musste ein netter
Mann aus Uranga dies übernehmen. Er nahm mind. 5m Anlauf und sprang mit voller
Wucht gegen die Tür, sodass sich die Tür schloss, dabei aber unser Deacon fast
durch die Ritze des Beifahrer- und Fahrersitzes zu uns auf die Rückbank
geschleudert wurde. Judith und Ich konnten uns darauf nicht mehr halten und
sind in schallendes Gelächter ausgebrochen. Father Steven war ganz unbeeindruckt
und schlief weiter.
Als dann
noch der fette Mann aus Nairobi anfing Kirchenlieder auf Luo zu singen und die
Hitze
im Pick Up immer weiter stieg haben Judith und
Ich aus Wut die fürchterliche LuoCD in die Ritze von
zwei
Autositzen gestopft. Uns war beiden klar: Wir werden nie wieder so einen Menschen wie
den
Typ aus
Nairobi treffen. Er war einfach der Wahnsinn.
Montags
sind wir dann nach Kisumu gefahren. Dort sollten wir den Bischof besuchen, den
ich später
peinlicherweise
in Lwak verwechselt habe. Aber das kommt später noch.
In
Kisumu sind wir dann zum ersten Mal auf die anderen Freiwilligen getroffen und
Judith und Ich
Haben total
mit unseren Chicken geprahlt. Immerhin waren ja noch 52 am Leben.
Der
Bischof sollte uns ein Missionary Visum ausstellen, da wir momentan nur ein
Touristenvisum
besitzen,
welches nur 3 Monate lang gültig ist.
Erst am
späten Abend sind wir wieder in Uradi angekommen und müde in die Betten
gefallen.
Am
nächsten Morgen sind Judith und ich vor dem Frühstück zum Stall der Küken. Ich war
noch nicht
ganz
angekommen da hörte ich schon Judiths verzweifelte Stimme „Miriam?? Da sind
irgendwie nur
noch voll wenig Küken drinne“
Es
waren noch genau 10 von 52.
Ich bin dann um den Stall und habe einen
Haufen von toten Küken auf dem Boden liegen sehen.
Meine
Reaktion war dann erstmal diese „KOOOOOOOOOOOOOOOOOOSMAAAAAAAAAAAAAAAAA!“
Daraufhin
ist unser Tierjunge Kosma zu uns geeilt um das Dilemma unter die Lupe zu
nehmen.
Er hob
jedes Küken hoch drehte es in seiner Hand und wollte herausfinden wie diese
gestorben sind.
Ich hab
dann begonnen mit Kosma zu diskutieren, weil er der Meinung war das 10 Küken 42
Stück
totgetrampelt
hätten.
Die
Diskussion fand dann aber ein jähes Ende, da wir tote Tiere auf dem Dach
entdeckten. Ohne
Kopf.
Auf die Frage weshalb die Tiere keinen Kopf mehr hatten wusste keiner eine
Antwort.
Kosma
vermutete daraufhin ein Tier, welches die Küken ermordet hat.
Judith
und Ich sind dann auf die Suche nach dem Täter gegangen
Da wir
die Küken abends dem Watchman überlassen, war meine erste Reaktion „Den
Wachtman
knüpf
ich mir auch noch vor und dann reden wir mal darüber was letzte Nacht wirklich
passiert ist!“
Da wir
Angst hatten, dass die restlichen 10 auch noch sterben haben wir diese mit in
unser Haus
genommen
was sich im Nachhinein als schlechte Idee erwiesen hat.
Mittlerweile
leben auch nur noch 6 Stück.
Diese
Küken rauben einem echt den letzten Nerv. Ich erinnere mich an eine Situation,
in dem ein
Küken,
den Kopf im Feeder stecken hatte und sich so verkrüppelt hatte, dass es da
nicht mehr ohne
Hilfe
rauskam. Nachdem ich es befreit hatte hab ich mich erstmal an den Türrahmen
gelehnt und
Judith
vollgeheult, dass ich die Küken hasse uns sie mich krank machen.
Aber
das stimmt nicht so ganz. Trotz der ganzen Hasstiraden hat man sie doch
irgendwie ins Herz
geschlossen.
Den
Donnerstag darauf bin ich dann zum ersten Mal ins Health Center um dort zu
arbeiten.
An zwei
Dinge erinnere ich mich besonders. Zum einen habe ich einen Jungen getroffen
der einen
Unfall
mit einem Motorrad hatte. Motorräder dienen hier oft als Transportmittel und
heißen hier
PikiPikis.
Man hat dann einen Fahrer und wird zu dem Ort gebracht, zu dem man gerne
möchte.
Der
Fahrer des Pikipikis, welches einen Unfall hatte, ist nach dem Unfall abgehauen
und hat den
verletzten
Jungen auf der Straße liegen lassen.
Zum
anderen habe ich Benson, beim Verbandwechsel geholfen und dort habe ich die
krasseste
Wunde
meines Lebens gesehen. Während ich mir die Wunde anschaute, die sich komplett
über das
Schienbein zog und mindestens einen Zentimeter
tief war wurde mir so schlecht, dass ich beinahe
umgekippt
bin und ich mich erstmal setzen musste. Der Junge mit der Wunde erzählte mir
dann, dass
er diese seit über einem Jahr hat und die
nicht richtig verheilt, weil er nicht an die richtigen
Medikamente
kommt.
Ich
fand das so furchtbar. In Deutschland hätte man diesem Jungen zu 100% das Bein
abgenommen,
weil alles
einfach total entzündet war.
Donnerstag
und Freitag geben Judith und Ich jetzt auch immer Deutschunterricht.
Donnerstags
unterrichten wir die Form I und freitags die Form II.
Die
Schüler haben sofort den Wunsch geäußert mit uns zu singen, was wir ihnen heute
schon mal
erfüllt
haben.
Als wir
freitags zur Form II gekommen sind, wollten diese uns ein bisschen etwas von
ihren Tänzen
und
Gesängen zeigen.
Dies
gipfelte dann in tanzenden Schülerinnen die zwischen den Gängen hüpften und
unglaublichen
Lärm,
sodass Judith und Ich einen ziemlichen Anschiss von der Principle erwarteten.
Samstags
haben wir dann unseren Father zu zwei Hausmessen begleitet.
Die
erste Hausmesse war eine Anniversary. Nach der Messe sollten wir uns dann den
Gästen
vorstellen
was leider ein bisschen problematisch war, da Judith und Ich im selben Moment
einen
Brocken
Kuchen essen sollten und ich mit vollem Mund dem Father zu verstehen geben wollte,
dass
wir
noch ein bisschen bräuchten.
Der
Father hat nach der Messe ein Schaf geschenkt bekommen, welches dann auf der
Ladefläche des Pick
Ups platziert wurde. Nach 10min war die Ladefläche komplett zu geschissen und
ich
bemitleidete
die Menschen, die dort hinten mit dem Schaf auf der Ladefläche mitfahren
mussten.
Zur
Info. Das Schaf ist vorletzte Nacht verstorben. Uns es war nicht unsere Schuld
(Zitat Judith)
Danach
ging es dann zur zweiten Hausmesse, eine Beerdigung.
Gefühlt
war dies der heißeste Tag den wir in Kenia bisher erlebt haben und Judith und
Ich mussten
uns mit
über 100 Gästen unter ein Zelt quetschen.
Diese
Beerdigung war das groteske was ich je erlebt habe. Während der Sarg in das
Loch gehoben
wurde
begann ein Chor unglaublich fröhliche Musik zu machen. Das war alles schön und gut bis sich
die
Frau neben mir auf den Boden schmiss und richtig anfing zu schreien und zu
weinen. Guckte man
in die Runde taten es ihr einige Frauen gleich.
Nach der Beisetzung standen diese Frauen dann auf
und
gingen munter zum essen. Deacon klärte uns später dann auf und sagte, dass dies
so genannte
Klageweiber
waren. Es gibt sogar Beerdigungen da werden diese extra engagiert.
Sonntags
nach der Messe hatten wir dann vor nach Lwak zu fahren.
Doch
unser Father hat sich plötzlich nicht wohlgefühlt und wir mussten daraufhin
PikiPikis nach Siaya nehmen. In Siaya haben wir dann knapp eine
Stunde im Regen auf die Freiwilligen und den Father aus
Sega gewartet, die uns mit nach Bondo nehmen wollten. In Bondo sind wir dann
nochmal mit dem
PikiPiki weiter und haben nach über 3 Stunden Lwak erreichen können.
In Lwak
haben wir dann mit allen Freiwilligen Father Matthews Geburtstag gefeiert.
Jetzt
greife ich nochmal die Geschichte mit dem Bischof auf. Im Sitting Room saß nämlich ein Mann,
der
genau die selben Klamotten an hatte wie der Bischof und ich hab sofort begonnen
ihm zu
erzählen
wie nett ich es gefunden habe ihn am Montag getroffen zu haben bis der richtige
Bischof in
den Raum trat und ich dann erst feststellte,
dass ich mit irgendwem falsches gesprochen hatte.
In Lwak
haben wir dann auch noch in meinen Geburtstag rein gefeiert und pünktlich um
0:00 nach
kenianischer
Zeit habe ich meine Geburtstagskerze auf der Dachterrasse ausgeblasen. Wir
haben
dann alle
die Nacht in Lwak verbracht.
Am
nächsten Morgen sind Judith und Ich dann mit Vicky und David, die Freiwilligen
aus Sega, nach
Hause
aufgebrochen. Wir haben uns dann wieder ein PikiPiki nach Bondo geschnappt um
dort ein
Taxi zu nehmen. Das Taxi wurde uns von Father
Lawrence, dem Father aus Sega, empfohlen.
Aber Taxi?
Von wegen!
In
jeder Minute stiegen immer mehr Leute in den PKW ein, sodass letzendlich 13
Leute in dem Taxi
So
hatte ich mir meinen Geburtstag eigentlich nicht vorgestellt aber wir machen
hier aus jeder
Situation
das Beste, sodass wir auch während dieser Taxifahrt den Spaß unseres Lebens
hatten vor
allem
wenn die verzweifelten Schreie von Vicky von der Vorderbank zu uns an die
Rückbank drangen „Leute,
ich hab den Schaltknüppel im Hintern!“.
Wir
brauchten dann über 4 Stunden bis wir endlich wieder in Uradi waren und da
erwartete uns noch eine
unschöne Überraschung.
Während
unseres Kurztrips nach Lwak waren unsere Küken ausgebrochen und haben unser
komplettes
Haus vollgeschissen. Den Geruch könnt ihr euch gar nicht vorstellen.
Wir haben
dann erstmal alles sauber machen müssen und sind nach dem Abendessen dann tot müde
ins
Bett gefallen.
Am
nächsten Tag, Dienstag, sollten dann alle Freiwilligen zu uns kommen um mit mir
meinen
Geburtstag
zu feiern.
Judith
und Ich haben dann ein paar Betten für David und Vicky gemacht und sind ins
Opar um Soda
und eine riesige Stange Zuckerrohr zu kaufen.
Made
hatte den ganzen Tag für uns alle gekocht und wir haben uns es Abends dann
richtig gut gehen lassen.
Nach
dem vermurksten Tag an meinem Geburtstag, hatte ich mir das dann aber auch
verdient.
Mittwochs
habe ich dann Vicky und David unseren Parish compound gezeigt.
Nachdem
die beiden dann abgereist sind, haben Judith und Ich das Fußballtraining der
Secondary
Girls
beobachtet. Währenddessen kam ich mit einigen ins Gespräch und mir wurden viele
Fragen
gestellt beispielsweise weshalb ich keine
Nonne werden möchte. Ich hab ihnen daraufhin erklärt,
dass ich später eine Familie möchte und mir
wurde prompt der Bruder eines Secondary Mädchens
versprochen.
Meine
Freizeit verbringe ich oftmals damit
unserer Köchin, Made beim Fahrrad fahren zuzugucken
oder
mit Kosma Musik zu hören. Man darf auch nicht die regelmäßigen Folgen Kenny vs.
Spenny
vergessen, die Judith und ich jeden Abend vor
dem Abendessen schauen.
Manchmal
finden Judith und ich uns auch im Wohnzimmer wieder und lästern über die Haare
der
Principle
oder spielen mit unserer Katze Lucy oder unserem neuen Hundewelpen Kim.
Gelegentlich
fahren wir auch mit Felix nach Siaya um ein paar Besorgungen zu machen. Das ist
immer total
gemein, weil Judith immer vorne sitzen darf!
In der
letzten Woche haben Judith und Ich uns dann noch den Sonnenuntergang angeschaut
für den es echt
keine Worte gibt.
Aber
das ist hier echt oft so. Wir stecken manchmal in Situationen in denen wir
später immer sagen
„Ich
weiß gar nicht wie ich meinen Freunden oder meiner Familie verständlich machen
soll, was hier
gerade passiert!“
Die 23
Tage sind echt wie im Flug vergangen und ich freue mich auf alle weiteren die
ich hier
verbringen
darf.